Früher genügte eine Stellenanzeige und das Unternehmen konnte aus einer großen Bewerberzahl den besten Kandidaten oder die beste Kandidatin auswählen. In vielen Berufen klappt das heute nicht mehr. Die Arbeitnehmer sind sich ihrer guten Position auf dem Arbeitsmarkt bewusst und lassen sich lieber finden als selbst nach Stellenanzeigen zu schauen. Für die Arbeitgeber bedeutet das, dass sie aktiv werden und nach geeigneten Kandidaten Ausschau halten müssen.
Active Sourcing beschreibt die Identifizierung und Ansprache von vielversprechenden Arbeitnehmern sowie die Kontaktpflege, bis diese eingestellt werden können. Die Personalabteilung sucht gezielt dort, wo sich ihre Zielgruppe aufhält, zum Beispiel in Online-Foren oder Business-Netzwerken. Active Sourcing ist aber nicht auf Social Media beschränkt, sondern kann auch „offline“ stattfinden, zum Beispiel auf Recruitingmessen.
Die Vorteile von Active Sourcing
Das wichtigste Argument, das für Active Sourcing spricht, lautet: Unternehmen können auf diesem Weg Kandidaten ausfindig machen, die aktuell nicht auf Jobsuche sind. Sie erschließen sich mit Active Sourcing den Markt der sogenannten „passiven Bewerber“.
Ein weiterer Vorteil von Active Sourcing: Kleinere, weniger bekannte Arbeitgeber haben die Möglichkeit, das Interesse von Fach- und Führungskräften zu wecken und ihre Arbeitgeberleistungen zu präsentieren. Dass dies funktioniert, bestätigt die Studie „Recruiting Trends 2019“ der Universitäten Bamberg und Erlangen-Nürnberg: „36,4 Prozent der Kandidaten haben sich durch die Direktansprache bei einem Unternehmen beworben, bei dem sie sich sonst nicht beworben hätten.“
Laut der Studie setzen die Unternehmen in Deutschland Active Sourcing vor allem dann ein, wenn eine offene Stelle schwer zu besetzen ist, wenn sich kein passender Kandidat auf eine Stellenanzeige beworben hat und wenn eine offene Stelle schnell besetzt werden muss. Das gilt vor allem für IT-Unternehmen, die schon seit längerem von einem akuten Fachkräftemangel betroffen sind.
Darauf kommt es beim Active Sourcing an
Um mit Active Sourcing passende Bewerber finden zu können, müssen Unternehmen zunächst ihre Zielgruppe definieren und herausfinden, wo sich diese im Internet aufhält, welche Medien sie nutzt und welche Messen und Veranstaltungen sie besucht. Gute Sourcer sind regelmäßig in Kontakt mit ihrer Zielgruppe und pflegen ein großes Netzwerk.
Mindestens genauso relevant für den Sourcing-Erfolg sind persönliche Kontakte. Selbst die junge Zielgruppe der Studierenden, die mit digitalen Medien aufgewachsen ist, lehnt eine virtuelle Kommunikation, zum Beispiel über einen Chatbot oder bei einer virtuellen Firmenkontaktmesse, weitgehend ab. Das ergab die Studie „Digital Candidate Journey 2019/2020“ von der Universität Bayreuth, The Ringsight und Persoblogger.de.
Sowohl für die Netzwerkpflege als auch für die Kommunikation sollte eine professionelle Software genutzt werden. Diese hilft, den Überblick über die verschiedenen Aktionen zu behalten und ermöglicht eine schnelle Reaktion. Zeitnahe Antworten bei Fragen und eine regelmäßige Kommunikation sind wichtige Kriterien für die Kandidatenbindung.
Wo Active Sourcing an seine Grenzen stößt
Softwareunterstützung hilft der Personalabteilung auch dabei, ihre Arbeitszeit möglichst effizient einzusetzen. Denn die proaktive Suche und Ansprache in Frage kommender Kandidaten kann deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen als das traditionelle Recruiting mit „Post and Pray“ (Stellenanzeige schalten und abwarten). Das verfügbare Zeitbudget der Personaler und ihr Know-how stecken vielfach die Grenzen für die Active-Sourcing-Aktivitäten ab. Unternehmen, die Wert auf die „Ressource Mitarbeiter“ legen, sollten jetzt gezielt in ihr Recruiting-Team investieren.
Aber nicht nur die personelle Ausstattung des Recruiting-Teams kann den Erfolg von Active Sourcing gefährden. Immer häufiger beschweren sich Talente über zu viele Ansprachen auf XING oder Linkedin. Der Grund sind Massenanfragen, die manche Unternehmen versenden, um in einem möglichst großen Pool zu fischen. Mit einer persönlichen, genau auf das Profil des Kandidaten zugeschnittenen Anfrage, können Unternehmen sich positiv davon abheben und Interesse am angebotenen Job wecken. Doch dafür ist es wichtig, dass die Recruiter wissen, welche Art der Ansprache gut funktioniert.
Active Sourcing online und offline
Active Sourcing beschränkt sich wie gesagt nicht auf die Ansprache von Talenten in Social Media. Je nach Zielgruppe bieten sich folgende Maßnahmen an:
- Suche und Ansprache in XING und Linkedin
- Kontaktanbahnung auf Recruitingmessen oder Hochschulevents
- Suche im unternehmensinternen Talentpool
- Ansprache von Kandidaten über eigene Netzwerke und Netzwerke der Mitarbeiter
- Präsenz der Personalabteilung auf Fachmessen
- Suche und Ansprache in externen Lebenslaufdatenbanken
Laut der Studie „Recruiting Trends 2019“ führt vor allem die Präsenz auf Messen und Recruitingevents zu Neueinstellungen, gefolgt von der Suche in Talentpools und Karrierenetzwerken. Aber auch die Ansprache von Kandidaten über eigene Netzwerke der Recruiter oder erweitert über Netzwerke der Mitarbeiter (Mitarbeiterempfehlungen) ist ein erfolgreicher Recruitingweg.
Fazit: Die Kandidaten individuell ansprechen und wertschätzen
Die Talente von heute wollen umworben werden und lassen sich lieber ansprechen, als sich selbst bei einem Unternehmen zu bewerben. Aber die Ansprache muss die richtige sein – möglichst konkret und persönlich. Das gilt sowohl für die Kontaktaufnahme in Social Media als auch für die Kontaktanbahnung auf Recruitingmessen und anderen Offline-Events. Niemand möchte einer unter vielen sein. Und niemand möchte lange auf weitere Informationen warten, wenn er seinerseits Interesse bekundet hat. „Candidate Experience“ – die Zufriedenheit der Kandidaten – hat sich nicht von ungefähr als wichtiger Begriff im Recruiting etabliert. Das gilt auch für Active Sourcing: Je individueller und wertschätzender die Kommunikation ist, umso größer ist die Chance, dass aus dem Kandidaten ein neuer Mitarbeiter wird.