„Eine gelungene Umstellung nach SAP S/4HANA steht und fällt mit der Vorbereitung. Man sollte überflüssigen Ballast abwerfen“, sagt Stephan Wagner, Leiter Kundenentwicklungsprojekte/Senior Consultant SAP Development bei FIS Informationssysteme und Consulting GmbH.
Neben der Entscheidung, ob man einen Greenfield- oder Brownfield-Ansatz verfolgen möchte, gibt es viele weitere individuelle Fragestellungen zu prüfen. Nach unseren Beobachtungen steigt aktuell die Zahl der SAP-Anwenderunternehmen, die mit vorbereitenden Maßnahmen, beispielsweise mit ersten Transition-Workshops, beginnen.
Grundsatzfrage: Greenfield- oder Brownfield-Transition?
Transition, also die Überführung von SAP ECC auf die neue Produktgeneration SAP S/4HANA, ist der Oberbegriff für zwei grundsätzliche Arten des Wechsels: den Greenfield-Ansatz, bei dem das Unternehmen eine vollständig neue Systemumgebung auf Basis von Standardprozessen passend zum Geschäftsmodell aufbaut. Und die Brownfield-Methode, die darin besteht, das jetzige bewährte System – konkret: Daten, Modifikationen, Custom Codes – in die neue SAP S/4HANA Welt mitzunehmen.
Welchen Ansatz ein Unternehmen letztlich wählt, hängt von einer möglichst genauen Analyse des Ist-Zustands ab, die bereits zur vorbereitenden Phase der Transition gehört. Während dieser Analyse gewinnt das Unternehmen in aller Regel schnell Klarheit über die passende Variante. Derzeit geht der Trend eher zum Brownfield-Ansatz zeigt die Praxis.
Einer der Kunden, ein großes Industrieunternehmen, ist bereits seit April 2018 live mit seinem neuen SAP S/4HANA-System. Neun Monate hat die Umstellung dort gedauert und verlief damit vergleichsweise schnell. SAP S/4HANA-Migrationen können auch bis zu 15 Monate andauern, vom ersten Workshop bis zum Go-Live (bei Unternehmen ähnlicher Größenordnung).
Zum Einstieg: Systemlandkarte erstellen
Eine allgemeine Prognose zu Dauer und Kosten ist eher schwer, weil es auf viele individuelle Punkte bei der Ausgangssituation ankommt. Die richtige Vorbereitung ist somit eine wichtige Voraussetzung für eine gelungene Transition. Ein guter Start in einen Transition-Workshop, wie ihn FIS anbietet, gelingt, wenn das Unternehmen bereits möglichst detaillierte Informationen über seinen Ist-Zustand mitbringt.
Je detaillierter diese Angaben, desto besser kann der Workshop-Organisator einschätzen, woran noch etwas fehlt. Für einen Brownfield-Ansatz muss das Quellsystem Unicode-fähig sein, es darf keinen Dual-Stack (ABAP- und Java 2EE-Applikationsserver) mehr haben und die Debitoren/Kreditoren sollten bereits zum neuen Business Partner umgewandelt sein. Viele Unternehmen sind hier allerdings noch nicht so weit bzw. kennen ihre eigene Ausgangslage nicht gut genug.
Zum Workshop sollte bereits eine Systemlandkarte erstellt werden, aus der ersichtlich ist, welche SAP-Subsysteme, welcher Netweaver-Stack und welche Fremdanwendungen im eigenen Unternehmen im Einsatz sind. Je bekannter die Quelllandschaft ist, desto genauer lässt sich die richtige Einstiegshöhe bestimmen. Erhält der Transition-Partner im Voraus einen temporären Zugang auf das Kundensystem, kann er bereits erste Analysen (Custom Code Check) durchführen.
Hat ein Unternehmen diese Hausaufgaben erledigt, kann im Workshop bereits auf einem fortgeschrittenen Niveau eingestiegen werden. Im Mittelpunkt des Workshops steht dann der SAP Readiness Check für SAP S/4HANA mit ausführlichen Auswertungen. Mit diesem im SAP-Support-Portal bereitgestellten Tool lässt sich herausfinden, wo und in welchem Umfang Konflikte aufgrund von Simplifizierungen in SAP S/4HANA entstehen. Dies wiederum hat Auswirkungen auf die Umstiegsvariante (Brownfield vs. Greenfield) und den Zeitbedarf.
Benchmark: Nur wenige Simplification Items werden genutzt
Der SAP Readiness Check für SAP S/4HANA analysiert die Anwendungshistorie mit einem Blick in die ST03N-Transaktion. Diese protokolliert täglich, welche Programme die Anwender/innen ausführen. Auf Basis dieser Ist-Situation ermittelt der Readiness Check, welche Simplification Items für den Kunden von Relevanz sind. Damit ergibt sich ein guter Einstiegspunkt für die Projektkalkulation. FIS hat in einem Benchmarking herausgefunden, dass von den rund 530 bestehenden Simplification Items unter SAP S/4HANA 1709 in den meisten Unternehmen nicht mehr als 100 von Bedeutung und somit relevant sind.
Darüber hinaus werden beim Readiness Check die bestehenden Custom Codes (Individualfunktionen, die den SAP-Standard ergänzen) geprüft und somit festgelegt, welche Simplification Items eine Anpassung im Custom Code erfordern. Über Usage Procedure Login bzw. den Nachfolger Source Code Monitor kann man auf einer tiefen Ebene analysieren, welche Modifikationen im täglichen Betrieb überhaupt genutzt werden und das System dahingehend entschlacken. „Housekeeping“ und das Abwerfen überflüssigen Ballasts sind also entscheidend für eine reibungslose Transition.
Analyse im Tiefflug mit Unterstützung durch Partner
Wie auch die anderen Tools von SAP zur Migrationsvorbereitung – Business Scenario Recommendation Report, Value Lifecycle Manager, Pathfinder, Transformation Navigator… – ist der Readiness Check ein Self Service Tool. Es kann also vom Unternehmen grundsätzlich eigenhändig durchgeführt werden. Bei den erst genannten Tools funktioniert das auch gut, denn sie vermitteln aus hoher Flughöhe nur eine erste ungefähre Vorstellung der bestehenden SAP-Landschaft.
Beim Recommendation Report wird ein z-Report im Bestandssystem hinterlegt, der Daten ausliest und an SAP schickt. Das Ergebnis wird dann über automatische Mechanismen bei SAP validiert. Beim Transformation Navigator muss nichts zusätzlich installiert werden: Per Drag & Drop baut man sich seine bestehende SAP-Landschaft und simuliert daraus entsprechend, wie das neue SAP S/4HANA-System aussehen sollte.
Der Readiness Check hingegen geht technisch viel tiefer ins Detail, hier sinkt man quasi von der Helikoptersicht in den Tiefflug. Ohne fundiertes SAP-Wissen im Unternehmen sollte dieser Check daher besser in Zusammenarbeit mit einem SAP-Partner als Experten durchgeführt werden kann. Der Partner sorgt dafür, dass Analysen auf dem Bestandssystem überhaupt technisch laufen, führt diese anschließend durch und übersendet die Analysedaten an SAP. Es folgt eine Interpretation der Ergebnisse mit konkreten Handlungsempfehlungen für das Projekt.
Nach Workshop und Readiness Check kann es ans Projekt gehen. Für beide Transitionvarianten stellt FIS Template-Ansätze zur Verfügung. In der Regel beginnt ein Transitionprojekt mit der Einführung der Business Partner – diese dauert rund drei Monate. Ist der Business Partner eingerichtet, kann die eigentliche Transition starten.
Ist-Prozesse visualisieren
Je individueller das Ausgangssystem ausgeprägt ist hinsichtlich seiner Modifikationen, User Exits, Enhancement-Implementierungen oder des individualisierten Customizings (Belegarten, Organisationsstruktur, Anzahl der Buchungskreise etc.), desto höher ist auch der Projektaufwand bzgl. Zeit und Kosten. Wenn es hier eine Faustregel gibt, dann nur diese: Je leichter das Gepäck, desto einfacher der Aufstieg zum Gipfel. Gerade bei stark individualisierten Systemen sollte genau geprüft werden, welche der bestehenden Funktionen überhaupt benötigt werden, um die Transitionphase gut zu bewerkstelligen.
Besonders wichtig ist hierbei die Vorab-Prozessvisualisierung der Ist-Prozesse durch die Fachbereiche, sodass jeder Außenstehende diese auf Anhieb nachvollziehen kann. Denn dies muss der Partner wissen, um vergleichen zu können, wie er diese Prozesse später in SAP S/4HANA abbilden soll, wie er sie vereinfachen oder auch ersetzen kann. Ohne transparente Sicht auf den bisherigen Stand fällt ihm das natürlich deutlich schwerer. Jedes Unternehmen sollte die Transition nach SAP S/4HANA dazu nutzen, über seine Prozesse nachzudenken und diese zu vereinfachen. Was sich lange eingeschliffen hat, weist vielleicht Nachteile auf, über die sich der Anwender aus seiner Betriebssicht heraus gar nicht so bewusst ist.
Trend: Unternehmen beginnen mit SAP S/4HANA-Vorarbeiten
Gerade in den letzten Monaten steigt die Schlagzahl der Unternehmen, die sich für Workshops, Readiness Check und daraus resultierende Transitionprojekte interessieren, unaufhörlich an. FIS führt seit 25 Jahren SAP-Einführungsprojekte durch – inzwischen nur noch für die neue Produktgeneration. Die Berater/innen von FIS sind hierfür entsprechend qualifiziert und können Unternehmen somit kompetente Unterstützung bieten.
Dieser Beitrag erschien zuerst im IT-Onlinemagazin.